Gleichschaltung statt Verbot

Der bürgerliche Verein „Babelsberg 03“ im Nationalsozialismus.

Dieses Foto entstand vermutlich 1933 als Propaganda- Bild, dass offensichtlich die vollzogene Gleichschaltung des Arbeitersportvereins dokumentieren sollte. Ganz rechts steht der neue Vorsitzende Willi Fischer, der Max Graupner ablöste und als NSDAP-Mitglied nun als Vereinsführer akzeptiert war.
Quelle: Nachlass Schupo Tietz, Sammlung Lüscher
Der SC Jugendkraft 1903 bezweckte laut seiner Satzung, die 1914 erstmalig ins Vereinsregister eingetragen wurde, die „Förderung der athletischen Leibesübung und Rasenspiele“ sowie der gesellschaftlichen Einigkeit. „Politische [oder] religiöse Besprechungen sind ausgeschlossen“ war lange Zeit das Credo des 1919 aus Jugendkraft 1903 und Fortuna 1905 zum SV Nowawes 03 fusionierten Vereins. Doch spätestens seit dem Ende der Weimarer Republik konnten sich die Nowaweser Sportler:innen der Politik nicht mehr entziehen.
  Unmittelbar nach der Machtübernahme im März 1933 verboten die Nationalsozialisten den Arbeitersport und begannen gleichzeitig damit, die bürgerlichen Sport- und Turnvereine im Sinne der nationalsozialistischen Ideologie gleichzuschalten.
  Der gesamte Fußballligabetrieb wurde reduziert und umstrukturiert. Nowawes 03 erhielt für die Spielzeit 1933/34 keine Berücksichtigung für die zweite Spielklasse, sondern musste in der dritten Klasse, der Kreisklasse, antreten. Obwohl Nowawes 03 in der Tabelle vor den Sportfreunden Potsdam lag, wurden letztere in die höhere Bezirksklasse eingestuft.Stadtauswahl Nowawes (Nowawes 03 und Eintracht 06), undatiert - Vor 1933 undenkbar: Eine Stadtauswahl bestehend aus Arbeitersportlern und bürgerlichen Fußballern.Das erste Spiel einer Nowaweser Stadtauswahl fand im Oktober 1933 statt – ein Beleg der vollzogenen NS-Gleichschaltung auf sportlicher Ebene.
Quelle: Nachlass Walter Kuss, Sammlung Lüscher

  Am 5. Mai 1933 berief der erste Vorsitzende des SV Nowawes 03 eine außerordentliche Generalversammlung ein. Auf der Tagesordnung stand neben einer Satzungsänderung auch die Neuwahl eines Vereinsführers. Dieser ersetzte das Amt des bisherigen Vereinspräsidenten, nachdem die Nationalsozialisten das Führerprinzip auch im Sport einführten. Die Versammlung wählte „ihren altbewährten 1. Vors[itzenden] Sportsk[amerad] Bruno Arnold zum neuen Führer des S.V.N.03“. Dieser bedankte sich und bekannte sich „zur nationalen Regierung und zum Volkskanzler Adolf Hitler.“ Damit beschloss der SV Nowawes 03 das Führerprinzip nur wenige Monate nach der Machtübernahme. An der außerordentlichen Versammlung nahm auch der NSDAP-Stadtrat Richard Pichottka teil, der die Gleichschaltung der Potsdamer Turn- und Sportvereine zu überwachen schien. Protokoll der außerordentlichen Generalversammlung vom 5. Mai 1933
Quelle: Recherchegruppe Fanprojekt Babelsberg aus dem Landeshauptarchiv
Laut Protokoll zeigte sich Pichottka „hocherfreut über den Nationalen Geist des S.V.N. 03 und verabschiedete sich vom Verein und seinem Führer Bruno Arnold mit einem Heil Hitler.“ Ein sogenannter Arierparagraf wurde nicht eingeführt, die Regeln zur Aufnahme in den Verein jedoch verschärft. Ob es zu Ausschlüssen von Mitgliedern oder Spielern kam, ist nicht bekannt.
  Ab 1936 wird Arnold durch den SA-Funktionär Dr. Walther Sehring als Vereinsführer abgelöst. Während Arnold zuvor einstimmig gewählt wurde, erreichte Sehring mit 27 von 45 Stimmen nur eine knappe Mehrheit.
Von August 1939 an übernahm der SA-Sturmführer Günter Kauerauf die Geschäftsführung der Sportvereinigung Potsdam 03. Diesen Namen trug der Verein nach dem Zusammenschluss mit dem FC Sportfreunde Potsdam und der Eingemeindung Babelsbergs nach Potsdam. Von der NSDAP und der Stadtverwaltung war die Fusion aufgrund der Ausrichtung des neuen Vereins als „Pflegestätte des nationalsozialistischen Ideenguts“ wärmstens unterstützt worden.